ILONA SELKE    

Die Wahl Angst oder Liebe zu erleben

 

Wenn wir an Liebe denken, denken wir meistens an romantische Liebe. Unser Herz flattert, wir denken nur an den Einen, und wir setzen alles dran, um diesem Einen so nah wie möglich zu sein.

Die Griechen unterschieden zwischen erotischer Liebe, platonischer Liebe und göttlicher Liebe.

Helen Fisher schrieb ein Buch über ihre bahnbrechende Forschung in Bezug auf Liebe, mit dem Titel ‚Warum wir lieben‘, in dem sie beschreibt, dass wir drei verschiedene Gehirnbereiche haben, die oft sogar gleichzeitig sehr unterschiedliche Programme zum Thema Liebe abspielen können.

Wir können zum Beispiel ein erotisches Bedürfnis oder Lust für eine Person fühlen, während wir romantische Gefühle für eine weitere Person hegen, und gleichzeitig genussvoll und friedlich neben unserem Langzeitpartner im Bett liegen, ohne dass unser Gehirn irgendwelche Schwierigkeiten dabei erlebt. 

Wir persönlich haben vielleicht Gewissensbisse, aber grundsätzlich ist unser Gehirn dazu angelegt, und die Geschichte ist voll von Poesie zu diesen Themen. 

Alle drei Bereiche: Eros, Romantik, und Langzeitbindung werden mit Liebe verbunden.

Helen Fisher sagt, dass diese drei Programme dem Überleben der Spezies Mensch dienen, und sich nicht gegenseitig ausschließen. 

Wir wissen alle, dass es die unterschiedlichsten Formen von Liebe gibt, nicht nur die sexuelle oder romantische Liebe, sondern auch die elterliche Liebe, die Liebe zum Land, die Liebe zu einer Ideologie, und die Liebe zu Gott gibt.

 

Mit 18 Jahren entdeckte ich das Buch 

„Der Erleuchtung ist es egal, wie du sie erlangst“ von Thaddeus Golas, der für mich die umfassendste Beschreibung dessen, was Liebe ist, geliefert hat. Aufgrund dessen ist das Buch bis heute noch meine kleine Bibel.

„Wo zwei oder mehr in die Einheit gehen, 

da entsteht Liebe.“ 

Das ist die Quintessenz des Buches, und eine Weisheit, die mich bis heute begleitet hat.

Selbst in schwierigen Lebenslagen hat mir dieses Buch geholfen, die Herausforderungen mit dem folgenden Satz zu meistern.

„Auch dies kannst du lieben lernen.“

 

Man sagt, dass wir zwei Wahlen haben: 

Angst oder Liebe zu erleben

1. Entweder können wir uns zusammenziehen, kleiner werden, härter werden, Angst oder Ärger spüren.

2. Oder wir können uns ausdehnen, weicher und weiter werden, und das Energiefeld, das uns umgibt, durchdringen, umarmen, und Liebe empfinden.

Wenn wir lernen, etwas zu lieben, dann sind wir frei und werden größer, als das Etwas, vor dem wir uns vorher zurückgezogen haben. Das benötigt meistens ein klein bisschen innere Arbeit und Entfaltung von uns, da, wenn uns Dinge widerstreben, wir erst einmal nicht das Gute in dem Negativen sehen können.

In einem meiner Bücher beschreibe ich, wie ich als Stewardess mit 19 Jahren auf meinen ersten offiziellen Flug in einem Fünfsternehotel in 

London saß, tränenüberströmt, weil ich in einem 180° anderen Film saß, als den, den ich eigentlich haben wollte. Ich wollte eigentlich eine arme Studentin in Cambridge sein, die Philosophie studierte. 

Jetzt war ich im Gegenteil meines Idealtraums angelangt, als eine gutverdienende Stewardess, und saß in einem Luxushotel in London und nicht in Cambridge.

Als ich das Buch „Der Erleuchtung ist es egal, wie du sie erlangst“ auf einer willkürlichen Seite aufschlug, um mir ein bisschen kosmische Weisheit zu meinem Dilemma zu holen, fiel mein Blick auf diesen besonderen Satz: Auch dies kannst du lieben lernen.

Gleich setzte mich hin, schloss meine Augen und versuchte mich in der Anleitung, meinen Umstand auch lieben zu lernen.

Anders als die menschliche Liebe, die wir 

zwischen Menschen empfinden, öffnete ich mein Herz meinem  Luxus-Umstand gegenüber und versuchte, so gut ich konnte, diese Situation in mein Herz aufzunehmen, sie zu lieben und zu 

akzeptieren, weil auch diese eine von den vielen Möglichkeiten des Universums war, die man 

erleben konnte.

Ich ging in eine Einheit und Harmonie mit meinem Umfeld, anstatt mich innerlich dagegen aufzulehnen. 

 

Diese Einheit, diese Harmonie kann unterschiedliche Grade annehmen und kann damit auch die unterschiedlichste Intensität von einem Liebesgefühl verursachen. 

Hier im Fünfsterne-Hotelzimmer, mit den Teakmöbeln, die mich umgaben, fing ich an, in Harmonie und Einklang mit dieser Umgebung zu gehen, und Liebe für diese Situation auszustrahlen, in dem ich mir sagte: „Auch dies kannst du lieben lernen“.

Fast 40 Jahre später saß ich in Bali und nahm das gleiche kleine Buch von meinem Couchtisch und schlug es wieder einmal willkürlich auf. 

Wieder kam ich auf diese selbe Seite und las 

denselben Satz. Ich schaute mich um und war verblüfft. Ich saß wieder in einem wunderschönen Haus, hier auf Bali, wieder von Teakmöbeln umgeben. Diese allerdings waren aus recyceltem Teakholz hergestellt worden, das aus alten Java-Häusern stammte. 

Tränen stiegen in meinen Augen auf, da ich den großen Bogen meiner Entfaltung mit diesem 

leitenden Satz meines Lebens klar und deutlich erkennen konnte. 

Jetzt bin ich glücklich und im Einklang mit der Schönheit der Welt, die mich umgibt und ich schätze den Anteil in mir, dem diese Schönheit wichtig ist.

 

Sich vereinen können, mit einem anderen Wesen, mit Werten, oder was auch immer, DAS ist die Kunst des Liebens. 

Dabei ist es egal, ob es sich dabei um einen Umstand, einen Wert oder Glaubenssatz, eine Lebenssituation, einen Menschen, oder ein Tier handelt. 

 

Liebe ist die Fähigkeit mit etwas in Harmonie zu sein, und ineinander zu fließen.

Vereinigung erzeugt das Gefühl von Liebe. 

Lassen wir uns jetzt einmal diese Vereinigung in Bezug auf die menschliche Liebe anschauen: 

Wir können uns ein wenig vereinigen, wie es zum Beispiel bei Freundschaften der Fall ist, oder stärker, wie es zwischen Eltern und Kindern oft der Fall ist, und noch stärker, wie es zwischen 

romantischen Partnern erlebt wird, und ebenso intensiv, wie bei  Menschen, die in die Vereinigung mit der göttlichen Kraft, alleine oder miteinander, gehen.

Im Laufe meines Lebens bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass unser Universum so aufgebaut ist, dass sich alles in der Schöpfung danach sehnt, zueinander zu finden, um komplexer zu werden, und in immer größere Formen von Vereinigung zu kommen, um schließlich zurück zum Ursprung in die allergrößte Einheit zu gelangen.

Zwei Menschen können auf verschiedene Weisen Eins werden: Einheit im sexuellen Akt, 

im emotionalen Zueinanderfinden, in geistiger Harmonie, und im spirituellen miteinander, im Gott verschmelzen.

Im Erleben von Vereinigung entsteht das Gefühl von Liebe.

 

Das Gefühl von Liebe entsteht nicht nur mit 

anderen, sondern auch dann, wenn wir uns selbst mit unserem Seelenkern verbinden, welches einer der wichtigsten Schritte in der Entfaltung unserer Liebesfähigkeit ist.

Wenn wir uns zu unserem innersten Kern hin öffnen, und wir unser Ego, unsere menschliche Struktur, unser Selbstkonzept fallen lassen und uns unserem Seelendiamanten hin öffnen, dann erleben wir ebenso ein Gefühl von tiefer Liebe. 

Obwohl es sich paradox anhören mag, aber die Einheit entsteht aus der Dualität, und die Dualität entsteht aus der Einheit. Es ist der Tanz der Ewigkeit mit sich selbst.

 

Wir öffnen uns kontinuierlich dem tieferen, 

feineren oder höheren Aspekt in uns. 

Menschen, die diese Vereinigung mit ihrem Seelenkern und dem Kern allen Seins erlebt haben, können mit einer viel tieferen Kraft lieben, weil sie das grundsätzliche Gefühl von Selbstliebe erfahren haben.

Wir können diese Vereinigung und die damit einhergehende Liebe nur dann erleben, wenn wir mindestens zu einem gewissen Grad von unserer Identität loslassen, unabhängig davon, ob wir mit unserem eigenen Seelenkern in Vereinigung gehen, oder mit dem Seelenkern eines anderen Menschen, oder wir uns als zwei oder mehr Wesen (Familie, Nation etc.) verbinden, oder gar vereinigen. 

 

Zu dem Grad, zu dem wir in die Einheit eingehen, erleben wir die Intensität der Vereinigung als Liebe.

Wenn wir uns in einer Weise begegnen, in der wir uns durchdringen lassen, dann entsteht Liebe.

In dem Moment, wo wir ein anderes Wesen, ein anderes Gedankengut, eine andere Essenz in uns aufnehmen können, in dem Moment erleben wir Gleichklang, Harmonie und Liebe. 

Wir haben unser Feld erweitert und sind miteinander und ineinander verwoben, welches dann das Gefühl von Liebe bewirkt. 

Die Physiker haben erkannt, dass Licht entweder als Photon oder als Welle agieren kann. 

- Als Welle ergibt Licht ein Feld und strömt ineinander. 

- Als Teilchen stößt das Photon an Objekten an, wie eine Billardkugel an einen Billardtisch.

Genauso können wir Menschen auch beides sein: Teilchen oder Welle.

Wir können so hart, wie eine Billardkugel sein, und an allem anecken. 

Oder wir können so weich, wie das Licht einer Kerze sein, welches alles mit seiner Wärme einhüllt.

 

Thaddeus Golas schreibt, dass wir diese Wellenform nur dann erreichen können, wenn wir uns als Energiewesen empfinden. 

Ich würde hinzufügen, dass wir, um Liebe zu erleben, von unserer getrennten Identität loslassen, und uns in das Feld von Energie hineinbegeben müssen.

 

Es ist in der Hingabe, oder der Auflösung der Identität, ob nur für Sekunden, oder für eine Ewigkeit, dass wir dann Liebe in den verschiedensten Ebenen erfahren.

In meinen vielen Seminaren rund um die Welt habe ich Menschen durch geleitete Meditationen auf Reisen zum Mittelpunkt des Universums begleitet.

Ich habe sie aufgefordert, sich ein Wesen, einen Menschen, einen Engel, selbst einen Delphin, im Geiste auszusuchen, mit dem sie sich vereinigen wollten.

Im Aufstieg durch die verschiedenen Dimensionen von Partikel-Sein bis hin zum Energiewesen-Sein, bis zum Aufstieg ins reinste Bewusstsein, begleitete ich Menschen in dem Gefühl immer 

intensiver in die Einheit aufzusteigen, sich im Zentrum des Universums immer näher zu kommen, bis sich die beiden in einem großen Crescendo in die Einheit begaben, und sich in der Einheit auflösten und dort die allergrößte Form von Liebe und Erleuchtung erfuhren.

 

Diese Reise zum Zentrum des Universums 

beschreibe ich in meinem Buch “Frei wie ein Delphin”, und unterrichte ich in vielen Meditationen. 

In hunderten von diesen Meditationen mit 

tausenden von Menschen habe ich gesehen, dass wir Menschen uns in der Begegnung von unseren Seelenkernen und der Einheit Gottes sehr 

ähneln:

In diesem Aufstieg werden wir heller, wir kommen uns immer näher, wir fangen an, uns in einem Spiraltanz umeinander zu drehen, bis wir durch immer größere Geschwindigkeit aufeinander und zueinander in eine Einheit, oft explosionsartig, in eine Verschmelzung gehen, in der wir dann in einer Form von Hingabe und Erleuchtung unsere Identität auflösen, und die größte Form von Einheit und Liebe erleben.

 

Im tantrischen Buddhismus wird gesagt, dass die Vereinigung von Zweien in die Einheit der schnellste Weg zur Erleuchtung ist.

Ob es der praktizierende Mönch ist, der sich auf eine Gotteswesenheit fokussiert und mit ihr eine Vereinigung erreicht, oder ob es zwei Liebende sind, oder ein Mensch, der sich auf einen Engel fokussiert; immer wenn diese zwei Wesen (oder mehr) in einer vollkommenen Einheit verschmelzen, dann entsteht das Gefühl von Liebe, und auch Erleuchtung.

Die Griechen sprachen von Eros, der erotischen Liebe, von der platonischen Liebe, und auch von der Agape, der göttlichen Liebe, der selbstlosen Liebe.

Aber grundsätzlich haben alle Formen der Liebe dieses Eine gemeinsam: 

Die Fähigkeit in Harmonie und Gleichklang zu kommen, die Grenzen des Selbst aufzulösen, und in eine größere Gemeinschaft einzutauchen. 

Wenn zwei Wesen sich vereinen, entsteht eine Synthese, welche eine neue, lebende Struktur wird.

Egal welche Form diese neue Struktur ist, eine Ehe, eine momentane Verbindung von zwei Seelen, eine Familie, eine Nation, in dieser Einheit empfinden wir das Gefühl von Liebe, die magnetische Kraft, die diese Struktur zusammenhält.

Liebe ist die magnetische Kraft, die alles zusammenhält, die alles in sich zusammenruft.

 

Liebe ist der Anfang und das Ende, das Alpha und das Omega.

 

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