Als ich mit neunzehn Jahren an einem warmen, sonnigen Herbsttag auf der Treppe vor einem alten Haus saß und abwechselnd in die Bäume um mich herum und dann wieder in das mir „zufällig“ in die Hände gefallene Buch eines indischen Meisters namens Bhagwan sah, blieben meine Augen plötzlich bei folgenden Worten hängen: 

„Wie im Herbst, wenn die Blätter leise von den Bäumen fallen, 

so ist die Schönheit, die sich immer ringsumher ergießt. 

So leise, so lautlos. Alles ist Gnade. 

Nur ihr seid nicht bewusst hier.“ 

Diese Worte brachten eine Seite zum Klingen, die mir zutiefst vertraut war. Schon als Kind gab es diese plötzlichen Öffnungen, wo der Blick auf das, was mich umgab, sich plötzlich veränderte und ich ganz deutlich wahrnahm, dass ich nicht allein war, sondern umgeben von liebenden, unterstützenden Energien. In mir nannte ich diese Kraft Gott, ein anderes Wort kannte ich nicht. 

 

Sobald diese Tür zu einem offenen Sinnen-Dasein wieder zufiel (und das tat sie immer und immer wieder, gleichgültig wie sehr ich darum betete, dass sie offen bleiben sollte), verlor ich das tiefe Gefühl zu wissen, warum ich hier bin. Das Leben wurde grau und machte keinen Sinn mehr. 

So begann ich mich damals auf die Suche zu machen. Doch erst jetzt wird mir bewusst, dass ich letztlich nach einer tiefen Erfahrung von Lebendigkeit und Öffnung in allen Zellen suchte, um ganz hier zu sein und mit dem Leben zu tanzen. 

 

„ALLES IST GNADE“

Alles um uns ist vibrierender Frieden, pulsierende Energie, die uns überschüttet, um uns tanzt, flirrt und knistert wie in einem immerwährenden Segen. 

Sobald du die Seligkeit, die sich immer und überall ergießt, nicht mehr wahrnimmst, geht dir der Sinn des Daseins verloren. So ist für mich die Erfahrung von Sinnhaftigkeit direkt mit den Sinnen verbunden. Je intensiver ich diese Schwingung um mich mit dem ganzen Sein wahrnehmen kann, umso klarer erschließt sich der Sinn des Lebens.

Im Laufe meiner Suche nach dem Zustand des bewussten Hier-Seins wurde mir klar, dass das Suchen jedoch völlig hinderlich ist. Das Finden hingegen offenbart sich im Moment der totalen, ungeteilten und stillen Aufmerksamkeit im Jetzt. Aber so wie die Mühe erst den Zustand der Mühelosigkeit gebärt, so führt erst die zielgerichtete Suche zum entspannten Finden.

Denn in Wahrheit ist die Sinnsuche der größte Joke des Universums.

 

EINTAUCHEN IN DIESE WELT 

Das Eintauchen in die Materie bedeutete ja zu sagen zum Prozess der Verkörperung auf einem sehr dichten, polaren Planeten. Dies fiel allen Seelen schwer, denn es gab im Universum nichts Vergleichbares wie das „Projekt Erde“. Die Göttlichkeit (oder Quelle) verdichtete sich in der Materie, um die Erfahrung der Dualität zu machen. Dazu benötigen wir die Illusion, dass wir getrennt vom Göttlichen sind. 

Und so suchen wir nach Sinn und Verbundenheit, sehnen uns nach der Heimat und erkennen nicht mehr, dass wir uns mitten im ausgedrückten Sein Gottes befinden. In einem sehr dichten Ausdruck, ja, aber gerade dies gibt uns Seelen ungeahnte Möglichkeiten. 

Siehst du in Wahrheit, ist da nur noch reines Staunen über die Fülle des Lebens auf der Erde und die unendliche Vielfalt. Ob du eine zarte Menschenhaut berührst, das weiche Fell einer Katze streichelst, ob du würzigen Wein oder süße Schokolade auf deiner Zunge schmeckst oder das unterschiedliche Blattgrün der Bäume und das Türkisblau des Meeres auf dich wirken lässt, all dies ist möglich in dieser Welt, denn wir erfahren sie mit den Sinnen des physischen Körpers. Es ist eine einzigartige Schule des Lernens mit allen Erfahrungen und Emotionen, die damit zusammenhängen.

 

Ein Anzeichen für Erwachen ist nicht der Wunsch, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Ein erwachter Mensch genießt mit ganzem Herzen das Glück, hier auf der Erde mit allen Sinnen da zu sein. Er strebt nicht danach die Inkarnationen schnell zu beenden, sondern es macht ihm eine intensive große Freude, einfach nur hier zu sein. Erst, wenn du mit deinem ganzen Herzen das Dasein annimmst und genießt, kannst du gehen. 

Dann ist es Zeit, alles ist angenommen. 

Dein Werk ist vollbracht.

 

Denn das Ja zur Erde lässt dich das Gefühl der Trennung überwinden. Das Nein und das Sehnen nach einer anderen Welt, irgendwo da draußen oder da oben, verstärkt das Gefühl von der Quelle getrennt zu sein. 

Doch du bist es nicht, du warst es nie. 

Du sitzt jetzt momentan mitten in der Quelle.

Anstatt dich danach zu sehnen, wie es anders sein könnte, kannst du deine Energie auch darauf verwenden, hier und jetzt die Bedingungen zu schaffen, dass du dich wohl fühlst. Erst dann kannst du dich auch wirklich öffnen für neue Möglichkeiten.

 

WOZU BIST DU HIER?

Du bist hier, um dein ganzes Potential anzuwenden und dich auszuprobieren mit all den materiellen Forschungsmöglichkeiten der Erde.

Du bist hier, um zu genießen, dass du bewegst.

Du bist hier, um dich hinauszuwagen in neue Gefilde.

Du hast deine Absicht erklärt, zu wachsen, dich zu entwickeln, deine Resultate zu erkennen und zu achten.

 

Du bist nicht hier um deine Zeit abzusitzen, zu jammern, dich in deinen Blockaden und Komfortzonen einzurichten und dahinvegetierend zu altern.

Das Leben hier auf der Erde ist ein so gigantisches Geschenk.

Dieser physische Körper… er ist ein Wunder!

All die Vielfalt der Tiere, die Schönheit der Pflanzen, die verschiedenartigsten Menschen die dich berühren und mit denen du tanzt von einem Ende der Skala zur anderen, genau das wolltest du.

Mit allen Sinn-en anfassen, sehen, schmecken, riechen, berühren…

Hineingleiten in eine Situation, um sie ganz zu fühlen, beide Seiten erkennen und irgendwann lieben, dich versöhnen mit der Dunkelheit und sie als Licht entdecken.

Du wolltest vergessen, dich sehnen, atmen, tanzen, schweigen und staunen, in diesem grenzenlosen Abenteuerspielplatz Erde.

Erinnere dich!

Überall, in jedem kleinsten Anteil des Lebens und in jedem Menschen ist der Juwel dieses Wissens verankert. 

In jedem Moment deines Daseins kannst du dich daran erinnern.

Damit geht jede Frage nach dem Sinn, denn das Leben ist eine einzige Antwort.