Wie kann ich als spirituelles Wesen in einer materiellen Welt leben?
Bevor wir uns in diese Frage vertiefen können, sollten wir uns mit den Begrifflichkeiten der Frage auseinandersetzen. 

Was ist eine materielle Welt?
Je nach Standpunkt und Sichtweise bekommen wir entsprechende Antworten. 
Die Quantenphysik hat erforscht, dass der materielle Anteil in unserem Universum nur einen sehr geringen Teil ausmacht. Die angegebenen Werte schwanken je nach Studie von 0,01 % bis zu 3 %.
Der wesentliche Teil unseres Universums ist Energie. Aus dieser Sicht existiert keine materielle Welt bzw. kein materielles Universum, sondern ein energetisches Universum. Alles ist Energie. Schon die alten Griechen hatten ohne den Stand der aktuellen Wissenschaft diese Erkenntnis.

So stellt sich die Frage: Was sind wir, die wir uns als Menschen bezeichnen? 
Aus Sicht der Quantenphysik ist unser Körper, den wir normalerweise als Materie bezeichnen, ebenfalls Energie, allerdings in einem langsamen Schwingungsbereich.

„Spirituelles Wesen“ ist ebenfalls ein Begriff, der zu hinterfragen ist.
Im Normalfall bezeichnen wir etwas als Wesen, das eine Form hat, wenn auch manchmal die Gren-zen der Form nicht genau definiert werden können. Sollten wir uns mit dem Körper identifizieren, wissen wir bereits, dass unser Körper aus Energie besteht. Diese Erkenntnis in Bezug auf die oben gestellte Frage bringt uns zu einer Umformulierung der Frage: 
Wie kann ich als energetisches Wesen in einer energetischen Welt leben? 
In diesem Fall führt sich die Frage ad absurdum.

Bleiben wir noch einen Moment beim „Spirituellen Wesen“.
Ist die Erkenntnis über uns selbst tiefer, wissen wir, dass wir Bewusstsein sind und nicht der Körper, grenzenlos und frei. Je nachdem, als was wir die Welt aus dieser Perspektive mit unserem Geist sehen, werden wir sie entweder als Täuschung oder als unsere eigene Projektion wahrnehmen. Sehen wir sie als Täuschung, brauchen wir uns im Grunde nicht um die Welt kümmern, sondern nur darum, die Täuschung in den alltäglichen Lebenssituationen zu durchschauen.

Sehen wir die Welt als unsere eigene Projektion, liegt die Verantwortung, wie wir die Welt erleben, ganz bei uns selbst. Im Advaita Vedanta wird von drei Körpern gesprochen, die für unser irdisches Leben wichtig sind: 1. Physischer Körper 2. Feinstofflicher Körper 3. Kausalkörper

Der feinstoffliche Körper ist unser Erfahrungskörper, der die Informationen, wie im Leben zu reagieren ist, aus dem Kausalkörper bezieht und der physische Körper handelt danach.
Im Kausalkörper finden wir die sogenannten Vasanas, die als (Begehrens-)Samen unserer Handlun-gen gesehen werden können. Man könnte auch sagen, Vasanas sind unsere Motivationen zur Hand-lung, die uns meist unbewusst bleiben. Aus der Vernetzung von Vasanas bilden sich Programme in unserem Gehirn, die wir als Verhaltensmuster erfahren. Leben wir hauptsächlich aus solchen selbst geschaffenen Programmen, scheint es, als hätten wir keine Wahl, das zu leben, was wir leben.

Sadhanas wie Karma Yoga haben einerseits den Sinn, sich dieser Programme bewusst zu werden und andererseits die Begehrenssamen zu verbrennen. Dazu ist absolute Achtsamkeit nötig, damit die unbewussten Motivationen in die Bewusstheit kommen. Es braucht darüber hinaus auch noch die Energie, den Begehren (oder der Angst) zu widerstehen, sonst werden sie weder erkannt, noch verbrannt. 

Woher kommt die Energie für die Sadhanas?
      Hier stellt sich die Frage, was wir in unserem Leben wirklich wollen.
In Bezug auf die eingangs gestellte Frage, wie ich als spirituelles Wesen in einer materiellen Welt leben kann, muss die grundlegende Frage „Was will ich in meinem Leben?“ beantwortet werden.

Ganz gleich, ob wir ein freudvolles Leben haben möchten, ein friedvolles Leben oder ein „Erwachtes Leben“, ist es notwendig, unsere Vasanas zu bereinigen, denn sie sind es mit Begehren und Angst, die uns, wenn wir uns damit identifizieren, ins Leid führen. Auch beim „Erwachten Leben“ macht es Sinn, weil andernfalls das reine Bewusstsein immer wieder von den unbewussten Programmen überdeckt wird. Einzig im Neo Advaita gilt die Meinung, keine Sadhanas zu brauchen, weil wir alle das wahre Selbst bereits sind. Meist ist dieses sogenannte „Erwachen“ nur intellektueller Natur und nicht als Ganzheit verinnerlicht. 

Die Energie für die Sadhanas, um auf die oben gestellte Frage zurück zu kommen, bestimmt unsere Motivation, welches Leben wir führen wollen. Für mich stimmt das Wort Motivation im spirituellen Sinn nicht ganz. Für mich ist es eine Sehnsucht, die ganz tief in uns ist. Sie bricht eines Tages hervor und wird uns bewusst. Bei manchen sehr früh in ihrem Leben, bei anderen etwas später. 

Die Sehnsucht in uns ist die bewegende Kraft für unsere innere Arbeit, ohne die wir weder ein fried-volles und freudiges Leben führen, noch die Sehnsucht nach Wahrheit und Freiheit erfüllen können. 

Die innere Arbeit bedeutet nicht, vergangene Situationen aufzuarbeiten, sondern sich im Hier und Jetzt jener aus dem Kausalkörper aufsteigenden Energien bewusst zu sein, die unser Leben bewegen. Oft sind es Programme, die wir schon lang unbeachtet als unbewusste Verhaltensmuster aus-leben. Es gilt, die grundlegenden Motivationen der Vasanas zu erforschen, sie zu verbrennen oder mit ihnen in Frieden zu kommen. 

Die innere Arbeit ist eine direkte Selbstreflexion, die manchmal auch schmerzlich sein kann.
Letztendlich ist es Bewusstsein in Form von Liebe, die damit offenbart wird. Selbsterforschung beendet das Projizieren und das Verleugnen, damit die Dinge so gesehen werden können, wie sie wirklich sind. 

Normalerweise herrscht Ignoranz in unserem Leben. Uns sind die egohaften Strukturen wie „jemand zu sein“, „verbunden zu sein“ und „Sicherheit“ wichtiger als das, was wir wirklich sind. 
Wir neigen (Vasanas sind auch Neigungen) dazu, unsere Welt mit der Wirklichkeit zu verwechseln. Wir vergessen unsere wahre Natur und verlieren uns in Maya, der traumhaften Projektion, die wir selbst kreieren. Dann suchen wir das Glück und unseren Erfolg in Objekten, die uns von uns getrennt erscheinen. Dahinter steht die Sehnsucht nach Eins sein, nach Wahrhaftigkeit und Freiheit.

Wenn wir wirklich frei sein wollen, gilt es, das Verlangen nach Erfahrung in eine tiefe Sehnsucht nach Selbsterkenntnis umzuwandeln. Unser wahres Selbst ist keine Erfahrung, deshalb wäre die Suche nach Erfahrung des Selbst von vorn herein bereits eine Täuschung.

Zusammenfassend können wir sagen, um ein zufriedenes und freudiges Leben zu führen, oder sogar ein erleuchtetes Leben, können wir Selbsterforschung und Selbstreflexion einsetzen, um die im Kausalkörper angelegten Vasanas zu befreien. Die Vasanas überdecken unseren Erfahrungskörper sonst mit Maya-Wolken und wir sind blind für die Wahrheit, sei es die relative oder absolute Wahrheit.

Es kommt noch ein weiterer Aspekt dazu.
Wir alle sind mit Fähigkeiten ausgestattet, die der gesamten Menschheit dienen können. Dies geschieht aus der Liebe zum Leben. Es ist eine Art und Weise mit unseren Handlungen auf sinnvolle und demütige Weise das Leben zu würdigen. Wir tun aus tiefer Dankbarkeit das, was dem Wohle aller Lebewesen dient. Es bedeutet, unser Leben zu bereichern, in dem wir aus der Energie der Freiheit und Liebe heraus geben, statt zu nehmen.
 „Weihe in einer inneren Haltung von Dankbarkeit deine Handlungen dem Kollektiv aller Lebewesen und empfange das, was dir das Leben als Geschenk präsentiert.“

Wie kann ich Geld & Erfolg in diesem Leben integrieren?
Die Frage, die sich direkt stellt ist, was ist mit dem „Ich“ gemeint?
Ist ICH ein selbstständig Handelnder, der durch sein Tun erfolgreich sein soll?
Oder ist ICH die Persönlichkeit, die im Erfahrungskörper verankert ist und vom Kausalkörper genährt wird? In beiden Fällen kann das Hindernis für ein friedvolles und freudiges Leben der Glaube an einen Handelnden sein, an ein „eigenes Tun“.

Im spirituellen Sinn wirken drei Kräfte in unserem Leben: Sattva – Rajas – Tamas.
Je klarer Sattva (Reinheit) gelebt wird, desto weniger Projektion und Begehren (Rajas), sowie Verdrängung und Verleugnung (Tamas) haben Platz in unserem Leben. Sattva ist der reine, klare Raum, in dem die Weisheit wohnt. 

Das bedeutet, dass es nicht um ein Integrieren von Geld und Erfolg geht, sondern darum, heilsame Aktivitäten zu setzen, die dem Wohle der ganzen Menschheit, ja sogar der gesamten Existenz auf diesem Planeten dienen. Erfolg und Geld sind dann die Folge daraus.

Natürlich geht die Klarheit und Weisheit des Sattva-Prinzips mit der Bereinigung der unheilbringenden Vasanas einher. Das bedeutet allerdings im Umkehrschluss nicht, dass Menschen die sehr erfolg-reich sind und viel Geld besitzen, ihre Vasanas bereinigt haben. 

Für spirituelle Wesen ist das Verständnis sehr wichtig, dass äußere Dinge kein dauerhaftes Glück bringen. Es bedeutet, die Wahrnehmung nach innen zu richten und den Reichtum des inneren, wahren Selbst zu finden. Dann wird auch die relative Welt mit Freude und Glückseligkeit gelebt, mit oder ohne Geld, mit oder ohne Erfolg.

Die Verkörperung des göttlichen Lebens kann das Ziel sein, um sich auf den spirituellen Weg zu begeben. Wir werden zur Wohnstätte des Lebens, der Weisheit und der Fülle!