Worauf kommt es jetzt an?

 

… könnte eine der drängenden Fragen sein, die man/frau sich stellt. Worauf kommt es jetzt an - politisch, gesellschaftlich, im eigenen Leben, für die Familie, spirituell. In fast jedem Bereich des persönlichen Lebens lässt sich diese Frage stellen. Die Frage “Worauf kommt es jetzt an?” ist gleichbedeutend mit der Frage “Wie soll ich sein?”, bzw. “Was soll ich jetzt tun?”. Natürlich geht diese Frage mit der Annahme einher, dass das Leben insgesamt ein Ziel hat; ja, dass es irgendwo hinführt.

 

Das (scheinbare) Dilemma daran ist, dass sowohl das, was sich diese Frage stellt, die Frage selbst und alle möglichen Antworten darauf Teil einer Traumwelt sind: Der Illusion, dass es ein reales Ich in unserem Körper gibt. Dieses Schein-Ich gibt sich viele Namen: „Ich bin ein 'Ich', ein Individuum, eine Seele, ein Gewahrsein, ein reines Gewahrsein, allumfassendes Bewusstsein, ein geistiges Wesen, reine Präsenz“ und viele mehr. Es ist eine scheinbare Selbst-Erfahrung, die sich selbst für das Zentrum des Geschehens hält und dass Gefühl hat, in diesem Geschehen real handeln zu können. „Ich bin jetzt hier!” lautet die scheinbar erlebte Devise und „ich erlebe eine Welt.“ Man könnte auch sagen, dass es aus der Ich-Perspektive so wirkt, als geschehe die Welt – man erlebt, beobachtet, erfährt sie – während man im Umkehrschluss auch die Möglichkeit hat, sie real zu gestalten: „Worauf kommt es jetzt an?“  

Da diesem scheinbaren 'Ich'-Erleben das Gefühl des Nicht-Erfülltseins innewohnt, tauchen aus diesem Erleben Fragen auf. Die wichtigste Frage, die sich die Person stellt, ist die Frage, wie „ich ein erfülltes Ich werden kann”, davon ausgehend, dass „man oder Frau“ ein nicht erfülltes Ich ist. „Wie finde ich meinen Weg zurück zur Einheit?“, „Wie werde ich ein glückliches Ich?“, „Soll ich meditieren oder Geld verdienen?“, „Soll ich die Welt total genießen oder soll ich ihr entsagen?“ oder auch: „Worauf kommt es jetzt an?“

 

All diese Fragen, die ja eigentlich nur eine Frage sind, bleiben unbeantwortet. Sie bleiben unbeantwortet, weil diese ganze Realität als solche nicht existiert. Es gibt weder ein reales Ich noch eine reale Welt, in der man real handeln kann. Das, was scheinbar passiert, ist eine ungetrennte Realität. Sie kennt weder Ursache noch kennt sie Wirkung. Es gibt keine Individuen, die getrennt sind von dem, was scheinbar geschieht (daher gibt es weder ein Ich noch eine vom Ich getrennte Welt).

Das, was scheinbar passiert, ist natürlicherweise stimmig und ganz. Es bewegt sich weder vorwärts noch verharrt es in Stille. Das, was scheinbar passiert, ist die zeitlose, natürliche Realität, die weder einen Startpunkt kennt noch ein Ziel hat. 

Wenn nun tatsächlich alles ganz und stimmig ist, worauf könnte es überhaupt ankommen? Was wäre denn das Ziel, wenn das, was geschieht, bereits ganz ist? Richtig: Es gibt überhaupt kein Ziel. Es kann auf gar nichts wirklich ankommen, denn es gäbe nichts, was der Ganzheit weitere Ganzheit hinzufügen oder wegnehmen kann.  

 

Das Gefühl, auf einem persönlichen Weg in die Zukunft zu sein und das Leben bewusst als Ich leben zu können, ist Teil der scheinbaren 'Ich'-Illusion. Dieses „begrenzte“ Leben ist nicht real, genauso wie eine scheinbar unbegrenzte Gewahrseins-Erfahrung immer noch begrenzt ist. Die natürliche Realität ist grenzenlos. Sie ist grenzenlos dadurch, dass sie nicht-etwas ist und sich nicht einhegen lässt als die Erfahrung eines Gewahrseins (auch wenn es noch so rein anmuten sollte). Das, was scheinbar passiert – diese Zeilen zu lesen, zum Beispiel – ist diese natürliche Realität. Sie erfährt sich nicht, aber sie ist absolut sie selbst. Diese Zeilen zu lesen, „Sie“ zu sein, zu denken und zu fühlen, ist natürlicherweise stimmig und ganz, gleichwohl leer und bedeutungslos. Das, was scheinbar passiert, führt nirgendwo hin. Es ist nichts – nichts Bestimmtes – und alles – ganz und stimmig – zugleich. Wenn ich sage, dass das 'Ich' keine Substanz hat, ist damit auch gemeint, dass niemand auf einem Weg ist.     

Und so ist die gute Nachricht, dass es auf überhaupt nichts ankommt. Ganzheit verfolgt kein Ziel. Ganzheit bewegt sich nicht – das, was scheinbar passiert, ist zeitlos und raumlos es selbst. Es gibt in dieser Ganzheit weder einen Erfahrenden oder eine Erfahrende noch einen Handelnden oder eine Handelnde. Niemand hat jemals etwas getan. Handeln geschieht – scheinbar – oder auch nicht. Für nichts.

 

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